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11.04.2011
NEWS von Ueli Steck
Seit zwei Wochen bin ich wieder hier im Khumbu Valley. Das Wetter ist etwas instabil. Starker Wind in der Höhe oder feuchte Luft aus dem Süden. Trotzdem ich bin zufrieden. Wir haben Lobuche quasi zu unserem Basislager gemacht. Die Eco Lodge bietet uns auf 4950 Meter Höhe die perfekten Voraussetzungen zum Anklimatisieren. Es war ein gute Entscheidung hierher zu kommen. Die luxuriöse Lodge ist angenehm, zumal ich noch lange genug im Zelt schlafen werde. Die Gewöhnung an die Höhe ist wichtig, sie braucht Zeit, die sich nicht verkürzen lässt. Videoausschnitt anschauen
Das Trekking mit Nicole war genial. Ich hätte sie am liebsten für die ganze Expedition bei mir. Ich freue mich schon jetzt auf unsere gemeinsamen Ferien im Herbst.<br /> Am 18.3. übernachten Freddie und ich auf 5300 Meter. Von da steigen wir am nächsten Tag auf den Lobuche Peak. Ein wunderschöner Gipfel etwas über 6000 Meter. Hier übernachten wir in unserem kleinen Einwandzelt. Die Nacht ist windig. Am nächsten Morgen ist die Aussicht überwältigend. Die Sonne geht über dem Everest, Lhotse und Nupse auf. Im Hintergrund zeichnet sich die mächtige Pyramide des Makalu ab. Im Westen ist der Cho Oyu erkennbar. <br /> Wir gehen es gemütlich an. Cafe und Müesli bevor wir anfangen, unsere sieben Sachen zusammen zu packen und abzusteigen. Am Mittag sind wir zurück in Lobuche, wo wir die nächsten Tage verbringen. Ich jogge am 21.3. von Lobuche auf den Kalapatar (5550 Meter). Trotz der Höhe kann ich ein gutes Tempo halten. Ich freue mich sehr darüber. Das Training zahlt sich aus. Ich erinnere mich lebhaft an die dreien Serien an meine Niesen-Trainings. Hochjoggen, dann mit der Bahn runter, wieder hoch und das Ganze drei Mal hintereinander. Über 5000 Höhenmeter pro Tag.<br /> Der Abstieg wird kurz, 15 Minuten benötige ich nach Gorak Shep mit seiner beeindruckend ausgebauten Infrastruktur. Nur eine Tagesetappe entfernt vom Everest Basislager gibt es hier das vermutlich höchstgelegene Internetcafé der Welt, grossflächige Solarpanels und seit einiger Zeit sogar ein Natel-Empfänger. Am 23. lege ich einen kompletten Ruhetag ein, bevor wir am 24. nach Zhongla gehen. Die Lodge in Zhongla kann mit der Lobuche nicht mithalten. Zum Glück geht es schon morgens um 3.00 Uhr weiter. Nach einem etwas verspäteten Frühstück sind wir um viertel nach vier unterwegs zum Einstieg der Cholatse Nordwand. <br /> Ich kann es kaum erwarten zu klettern. Mein Gefährte Freddie Wilkinson ist trotz der frühen Morgenstunde bester Dinge. Wir haben noch nie zusammen geklettert, aber ich bin sicher, wir werden uns gut verstehen. Er ist easy going, immer gut gelaunt. Er hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Wir stehen unter einer 1400 Meter hohen Wand. Im Mondlicht erscheint sie noch mächtiger. Der Fels wirkt fast schwarz, daneben helle Streifen von Eis und Schnee. Ich versuche, die Linie zu erkennen. Kurz nachdem wir die Steigeisen angeschnallt haben, beginnt ein neuer Tag anzubrechen. Der Lhotse liegt unter einer riesigen Wolke. Am restlichen Himmel sind ein paar Cirruswolken erkennbar. Ein schlechtes Zeichen. <br /> Wir kommen gut vorwärts und steigen im unteren Wandteil ungesichert. Die Firnverhältnisse sind traumhaft. Ich will auf keinen Fall, dass Freddie das Gefühl hat, er müsse ungesichert klettern. Mir ist klar, dass ich ein anderes Verhältnis zum Klettern ohne Seil habe als er. Meine Befürchtung ist, dass er ohne Seil klettern könnte, nur um mir etwas zu beweisen. Wir sind zu zweit hier, als Seilschaft!<br /> Nach ca. 500 Meter seilen wir uns an. Mir gefällt die Kletterei. Fels und Eis. Ich bin froh, dass ich nicht allein unterwegs bin. Wenn ich überlege, wie ich 2005 ungesichert hier geklettert bin ... Ich werde älter, und das ist gut so.<br /> Der grosse Überhang ist der Schlüssel für den mittleren Wandteil. Mittlerweilen sind wir völlig im Nebel eingehüllt. Die Cirruswolken haben ihr Versprechen gehalten. Gegen Mittag beginnt es zu schneien. Meine Ausgeglichenheit leidet etwas darunter. Wir haben keine Zelte, nur Schlafsäcke. Das könnte eine unangenehme Nacht werden. Unterhalb der Headwall erkenne ich rechts oberhalb Schneewächten. Das ist unsere Möglichkeit doch noch ein einigermaßen angenehmes Biwak zu erreichen. Bereits um halb vier beginnen wir uns das Biwak herzurichten. Es schneit ununterbrochen. Zwischendurch glauben wir, blauen Himmel zu erkennen. Wir haben eine kleine Höhle, zwischen uns schnurrt der Kocher. Während wir essen und trinken hoffen wir, dass es aufhören wird zu schneien. Aber erst als es dunkel ist, hört es auf. Wir verbringen eine halbwegs angenehme Nacht. Der Morgen sieht nicht viel besser aus. Wolken überall. Wir verwerfen den Plan eine direkte Route über die steile Headwall zu klettern. Wir wollen so schnell wie möglich auf den Gipfel und auf der Südseite ins Tal. Der Weiterweg über die Franzosenroute verlangt uns noch einiges ab. Erst um viertel vor eins stehen wir auf dem Gipfel. Es schneit wieder und ist kalt. Ein kurzer Halt bevor wir absteigen. Ich habe noch nie bei so miserablem Wetter einen Berg im Himalaya bestiegen. Wir sind beide zufrieden, als wir um 18.30 Uhr Nala auf 4450 Meter erreichen. Wir haben das Optimum aus dem Wetter gemacht. Ich bin nun perfekt vorbereitet für den Shisha Pangma. Mir bleibt noch etwas weniger als eine Woche hier im Khumbu Valley, bevor ich zurück nach Kathmandu fliege. Dort werde ich Don Bowie treffen. Mein Partner für Tibet. Aber jetzt freue ich mich auf ein paar Tage im Hotel, mit Kaffee und gutem Essen. Und hoffe, dass ich Glück mit dem Wetter haben werde.
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